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      Land der Legenden

      Fantasiereisen auf Schritt und Tritt

      Arglose Mädchen und böse Wölfe, einsame Prinzessinnen und mutige Recken – im Märchenland Nordhessen ist die Figuren- und Themenwelt der Brüder Grimm allgegenwärtig.

      Märchen in Hessen

      „Großmutter, warum hast du so große Zähne?“ Rotkäppchens Satz ist so berühmt wie der Adressat berüchtigt. Keine Frage: Der Wolf im Märchen hat das, was man heute ein Imageproblem nennen würde. Doch keine Angst. Der Übeltäter ist längst rehabilitiert. Und längst nicht so böse, wie ihn die Brüder Grimm einst dargestellt haben. Denn jener hinterlistige Wolf, der erst die Großmutter und dann das Rotkäppchen verschlingt, ist in Wirklichkeit scheu und meidet den Menschen, wo er kann. Wer ihn in der Heimat von Rotkäppchen zu Gesicht bekommen will, muss sich schon bis in den Wildpark Knüll aufmachen, wo neben Luchs- und Dachsbeständen auch ein Wolfsgehege die Besucher anlockt.

      Die Spuren der Heldin dieses Märchens sind leichter auszumachen. Südlich von Kassel, zwischen Schwalm und Knüllgebirge, liegt das Rotkäppchenland, eine weitläufige, leicht bergige Wiesen- und Waldlandschaft, in der Jacob und Wilhelm Grimm einst auf diese schauerlich-schöne Geschichte stießen und in ihren Kinder­- und Hausmärchen in Weltliteratur verwandelten. Man vermutet, dass die typische Kopfbedeckung der Schwälmer Tracht, ein rotes Käppchen, der Hauptfigur den Namen gab. Am Käppchen konnte man Familienstatus und Wohlstand erkennen, die Farbe Rot war den ledigen Frauen vorbehalten.

      Mächtige Burgen und dunkle Wälder

      Die alten Trachten haben die Menschen in dieser Gegend so wenig vergessen wie ihre berühmteste Trägerin. Nicht nur bei der Rotkäppchenwoche, die jährlich im August an wechselnden Orten der Region stattfindet, auch bei Umzügen, Jahrmärkten und anderen Dorffesten sind die aufwendigen Kostüme zu bewundern, deren Anlegen mitunter Stunden dauert und die Hilfe einer weiteren Person erfordert.

      Rotkäppchens Waldspaziergang, das schöne Schneewittchen, Aschenputtels Tränen: Nicht nur an Fest- und Feiertagen bilden Nordhessens Städte, Dörfer und Landschaften eine ideale Kulisse für eine Fantasiereise in eine märchenhafte Gegenwart. Sanfte Mittelgebirge, mächtige Burgen, romantische Schlösser, dunkle Wälder und urige Fachwerkdörfer inspirieren und verzaubern Besucher noch ebenso wie einst die Brüder Grimm. Ob mit dem Auto entlang der Deutschen Märchenstraße, zu Fuß auf Wanderwegen durch eine abwechslungsreiche Natur oder zu zweit mit dem Fahrrad auf gut ausgebauten Radrouten – Anklänge an die wundervolle Welt der Märchen warten auf Schritt und Tritt.

      Kleinodien wie das verborgene Dornröschenschloss Sababurg, der Frau-Holle-Teich am Hohen Meißner im Werratal oder der mit seinen knorrigen alten Eichen an einen Zauberwald erinnernde Reinhardswald berichten von den Sagen und Legenden, die das berühmte Brüderpaar einst vor dem Vergessen rettete. Kein Wunder, dass die Grimms die Recherchen in dieser Gegend als schönste und fruchtbarste Zeit ihres Lebens betrachteten.

      Manch Besucher hat es ihnen seitdem gleichgetan. Als Kraftquelle für Inspiration und Kreativität fasziniert die Region ihre Gäste seit Jahrhunderten. Nicht zufällig wurde hier 1824 in dem Dorf Willingshausen vom jüngeren Grimm-Bruder Ludwig Emil die erste europäische Künstlerkolonie gegründet. Der Ort zieht auch im 21. Jahrhundert noch Künstler und Kunstfreunde in seinen Bann. Zwar hat sich das dörfliche Leben seit den Tagen der Grimms verändert, doch die sanfte hügelige Landschaft und das Licht der Schwalm faszinieren Bildhauer und Maler noch genau wie einst. Und mit ein wenig Fantasie ist auch die nächste Märchenfigur nicht allzu weit.

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